Vier Zutaten darf der Brauer in der Bundesrepublik nehmen - mehr nicht. Das sind außer Hopfen und Malz nur noch Wasser und Hefe. Auch das Prinzip des Brau-Vorgangs ist recht einfach und schnell erklärt. Dass es dennoch eine Kunst ist, aus diesen vier Grundbestandteilen gutes Bier - und auch vielerlei Bier - zu machen, das steht auf einem anderen Blatt.
Wenn Sie die nächsten Seiten hier lesen, nehmen Sie gerade das Allerwichtigste zur Kenntnis, mehr nicht. Mehr soll hier aber noch gar nicht geboten werden. Zunächst geht es nur um den oberflächlichen Überblick. Den brauchen Sie, um zu verstehen, was im Folgenden ausgeführt wird - beispielsweise über die verschiedenen Biersorten.
Vier Bestandteile machen das Bier aus, sagten wir. Das erste ist das Malz. Es gibt den Gehalt, die Fülle des Geschmacks. Malz ist nichts anderes als umgewandeltes Getreide. Meist nimmt man Gerste, bei manchen Bieren auch Weizen. Die Getreidekörner enthalten Stärke. Es gilt, diese Stärke zuerst einmal in Zucker umzuwandeln. Der muss dann vergären und den Alkohol sowie die gasförmige Kohlensäure ins Bier bringen.
Wie geht das vor sich? Man feuchtet das Getreide an und lässt es keimen. Dieser Vorgang, das »Mälzen«, leitet das Umwandeln der Stärke in Zucker ein. Das so entstandene »Grünmalz« wird getrocknet oder, besser gesagt, geröstet. (Der Fachmann sagt: Es wird »gedarrt«.) Schon hier entscheidet sich's, ob das Bier nachher hell oder dunkel wird. Malz für helles Bier wird bei etwa 80° getrocknet. Geht man bis auf 105° Trockentemperatur, so wird das Malz dunkler und das Bier nachher auch.
Das »Darrmalz« wird geschrotet, kommt in einen großen Topf mit Wasser (dem zweiten Bestandteil des Biers) und wird erhitzt. Die Mischung aus geschrotetem Malz und Wasser heißt »Maische«. In der heißen Maische verwandelt sich immer mehr Stärke des Malzes in Zucker.
Die fertige Maische wird gefiltert, damit die Reste der Malzkörner zurückbleiben, und heißt nun »Würze«.
Nun wird der dritte Bestandteil zugesetzt: der Hopfen. Das ist eine Schlingpflanze, von der fürs Bier allerdings nur die Fruchtzapfen verwendet werden. Dieser Hopfen gibt dem Bier das Aroma, die Eleganz, den frisch-herben Geschmack. Er bewirkt, dass das Bier auch wie Bier schmeckt. Außerdem sorgt er für die Haltbarkeit des Getränks.
Die Würze mit dem Hopfen wird gekocht, wieder gefiltert und gekühlt. Nun kommt Bestandteil Nummer vier hinzu: Hefe, die die Würze gären lässt. Jetzt wird aus einem Teil des Zuckers Alkohol und Kohlensäure (die das Bier dann später so schön schäumen lässt).
Die Hefe bleibt (abgesehen von wenigen Ausnahmen) nicht im Bier. Wenn sie ihre Schuldigkeit getan hat, wird sie entfernt. Das Bier gärt aber noch eine Weile nach.
So einfach ist das? Ja, so einfach. Oder auch so kompliziert - wenn Sie sich vorstellen, dass Deutschlands Brauer nach diesem scheinbar so simplen Verfahren 4000 verschiedene Biersorten herzustellen wissen. Viele dieser Arten ähneln sich im Geschmack. Nicht wenige schmecken völlig gleich, so dass selbst ein Fachmann sie nicht unterscheiden kann. Aber Dutzende von ganz verschiedenen Geschmackscharakteren kann auch der im Biertrinken unerfahrene Laie beim ersten Schluck unterscheiden. Darüber wird in den nächsten Kapiteln ausführlich die Rede sein.
Gleich hier möchten wir Ihnen aber einen wichtigen Unterschied erklären, der immer wieder zu Missverständnissen führt: den Unterschied zwischen Stammwürze und Alkoholgehalt. Beides hängt eng zusammen, beides wird in Prozenten ausgedrückt. Daher kommt die Verwirrung.
Da heißt es zum Beispiel von einem Bier, es habe zwölf Prozent. Das schlichte Gemüt, von Likören und Schnäpsen ähnliche Angaben gewohnt, tippt auf zwölf Prozent Alkohol. Und das ist falsch getippt.
Denn diese Prozentangabe beim Bier bezeichnet die Stärke der Stammwürze vor der Vergärung. Anders gesagt: Die zwölf Prozent bedeuten, dass in 1000 Gramm Bierwürze (das ist etwa ein Liter) vor dem Gären 120 Gramm »Extrakt« enthalten waren: Malzzucker, Eiweiß, Mineralien, Vitamine, Aromastoffe - und noch ein paar Kleinigkeiten, die zu Naturprodukten wie Malz und Hopfen gehören. Die Stammwürze schwankt je nach der Art des Bieres zwischen zwei und 28 Prozent. Die Biere werden offiziell in Einfachbiere, Schankbiere, Vollbiere und Starkbiere eingeteilt - und zwar vom Finanzamt. Das berechnet die Steuer danach. Vollbiere gibt's am häufigsten. Sie machen fast 99 Prozent der in der Bundesrepublik getrunkenen Biere aus.
Und Sie wissen nun auch, dass alle Behauptungen, wonach die norddeutschen oder die bayerischen Vollbiere die stärkeren seien (je nach der Meinung des Behaupters) - dass alle diese Beteuerungen Unfug sind. Vollbiere sind überall in Deutschland annähernd gleich stark. Die Stammwürze ist amtlich auf 11 bis 14 Prozent festgelegt.
Der Extrakt in der Würze besteht ja nicht nur aus Zucker. Und nur ein Teil des Zuckers verwandelt sich in Alkohol. Ein anderer Teil spaltet sich als Kohlensäure ab. Etliche Gramm bleiben, was sie sind: Zucker. Deshalb muss der Alkoholgehalt eines Bieres ganz zwangsläufig weit unter dem Gehalt an Stammwürze liegen. Bei Brauern geht man davon aus, dass nach der Gärung der Alkoholgehalt des Bieres ein Viertel bis ein Drittel des Stammwürzegehalts vor der Gärung beträgt.
Ein Vollbier mit 12 Prozent Stammwürze - um bei unserem ersten Beispiel zu bleiben - hat also 3,5 bis 3,9 Prozent Alkohol. Mehr nicht.
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Autor:
Rolf Lohberg (1982)
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