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Durst wird durch Bier erst schön

HERZOG WILHELM WAR FÜR REINHEIT

Ein bemerkenswerter Tag der Biergeschichte: der 23. April 1516. Da wurde ein »Reinheitsgebot« fürs Bier verfügt, das noch heute gilt.

Reinheitsgebot

Bayernherzog Wilhelm IV
Die Münze, die Sie oben sehen, kam im November 1981 heraus. Der »Verband mittelständischer Privatbrauereien« ließ sie prägen - in Gold, Silber und Bronze. Sie zeigt den Bayernherzog Wilhelm IV und trägt auf der Rückseite den für die Biergeschichte so bedeutsamen Kernsatz des »Reinheitsgebots«.

Bei Fischbach in der Oberpfalz, überm Ufer des Regen, liegt die Ruine Stockenfels. Die war einst der Kummer aller schlechten bayerischen Brauer. Denn dorthin wurden sie - so ging die Sage - verbannt, um zu büßen. Die Liste der Torturen, die ihnen blühte, war lang. Wer nur so viel Wasser aus dem Burggraben schöpfen musste, wie er zeit seines Lebens in sein Bier geschüttet hatte, um es dünner zu machen - der war gut dran. Die schlimmste Strafe war, dass ein miserabler Brauer bis in alle Ewigkeit sein gemeingefährliches Bier selbst trinken musste.

Bierpanscher waren früher nicht gerade selten. Auf einem bayerischen Friedhof steht ein Grabstein:

»Am jüngsten Tag wird mancher schawen, was er hier für ein Bier geprawen.«

Auf einem Marterl kann man lesen:

»Bet, Wandersmann, drei Vaterunser! Hier liegt ein arger Bierverhunzer.«

Im »kleinen Rat« der Stadt Ulm wurde 1486 geklagt, »weilen die Bürger sich uff das Bier legen, die Biersieder aber ohne alle Ordnung sieden und das Bier nit vergeren lassen, dadurch den Leuthen Kranckheiten zugezogen werden...«

Und der Prediger Abraham a Santa Clara donnerte im 17. Jahrhundert von der Kanzel, dass es Brauer gäbe, die »einen so liederlichen Trank machen, dass solcher mehr schädlich als nützlich ist und oft in dem menschlichen Leib nicht besser haust als ein Regiment Husaren in einem Land«.

Nun muss man wissen, dass unser Bier erst seit hundert Jahren so schmeckt, wie wir es gewohnt sind. Das hängt mit allerlei technischen Errungenschaften zusammen. Zwar gab es auch vorher schon ordentliches Bier, aber darauf konnte man sich nie verlassen.

Was man vor 500 Jahren trank, hatte mit dem, was wir heute »Bier« nennen, so gut wie nichts zu tun. Von den Grundbestandteilen, auf die heute jeder Brauer verpflichtet ist, wurde mit einiger Verlässlichkeit nur das Wasser benutzt. Die Würze bestand bei guten Bieren schon immer aus Brotgetreide: aus Gerste, Weizen oder Hafer.

Manchmal wurden aber auch Hirse, Bohnen, Erbsen oder andere stärkehaltige Körner genommen, die sich zur Not vermälzen ließen. Hopfen war zwar schon im achten Jahrhundert bekannt, aber die meisten Brauer und Brauerinnen schütteten noch lange danach anderes Zeug ins Bier, um seinen Geschmack zu verändern, zu verhindern, dass es sauer wurde - und um, wenn nötig, den schlechten Geschmack von sauer gewordenem Bier zu überdecken. Von vielen solcher Zutaten haben wir schon berichtet. Aber es gibt noch weit mehr absonderliche Mittel, die da verwendet wurden: Pech und Ochsengalle, Schlangenkraut und harte Eier, Ruß und Kreide - jeder hatte sein Patentrezept, um das Bier »trincklich« zu machen. Und so »trincklich« schmeckte es dann auch.

So ist es nicht verwunderlich, dass hohe Herren, die genügend Geld hatten, ihr Bier oft von weither besorgten. Und man versteht auch, warum es den Fürsten schon früh am Herzen lag, die Qualität der Biere durch Verordnungen zu verbessern. Der erste, von dem wir da Genaues wissen, ist Kaiser Barbarossa. Der gab 1156 der Stadt Augsburg eine neue Rechtsverordnung: »Justitia civitatis Augustensis.« Es ist das älteste deutsche Stadtrecht. Und schon darin ist vom Bier die Rede: »Wenn ein Bierschenker schlechtes Bier macht oder ungerechtes Maß gibt, soll er gestraft werden. Überdies soll das Bier vernichtet oder den Armen umsonst ausgeteilt werden.«

Die Strafe war schwer: fünf Gulden. Das war viel Geld für jene Zeit. Beim dritten Verstoß sollte dem brauenden Wirt die Lizenz entzogen werden.

Aus der Stadt Nürnberg kennen wir eine Vorschrift von 1293. Demnach durfte dort auf Beschluß des Stadtrates nur noch Gerste zum Brauen verwendet werden. Die Münchner Stadtverwaltung befahl 1420, das Bier nach dem Brauen eine Zeitlang zu lagern: »Es soll ein jeglicher prew das pir, das er sewdt, vor acht tag nit ausgebn.«

Die Regensburger beauftragten 1447 ihren Stadtarzt, Konrad Megenwart, das in der Stadt gebraute Bier regelmäßig zu kontrollieren und ein besonderes Augenmerk darauf zu haben, was an Zutaten in das Gebräu gegeben wurde. 1453 brachten sie - nach den schlechten Erfahrungen, die der Stadtmedicus gemacht hatte, eine Brauordnung heraus, bei der die Brauer schwören mussten, ihrem Bier »weder Samen noch Gewürz oder Gestrüpp« und dergleichen zuzusetzen. Auch »Glattwasser« durften sie nicht mehr herstellen und verkaufen. Dieses Glattwasser war ein letzter Absud von den Resten der Maische - äußerst dünn und kaum genießbar.

>> Das Reinheitsgebot - Teil II

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