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Durst wird durch Bier erst schön

 
EINE LEBENSMITTELRECHTLICHE VERORDNUNG

Brauer oder Wirte, bei denen schlechtes oder gepanschtes Bier entdeckt wurde, bekamen je nach der Stadt ganz unterschiedliche Strafen. Manchmal war nur eine Geldbuße zu bezahlen. Reinheitsgebot

Ungenießbares Bier - ab in die Pegnitz
So verfuhren die Nürnberger, sei es mit gepanschtem »Schmier-Wein«, sei es mit ungenießbarem Bier: Ab damit und von der Fleischbrücke (die noch heute so heißt) in die Pegnitz!

Oft musste das Bier weggeschüttet werden - wie es in Nürnberg bei »untrincklichem saurem pier« befohlen war. Die ertappten Bierbrauer wurden, wie es in der Nürnberger Stadtchronik nachzulesen ist, »auf Befehl eines ehrbaren Rates bei hellem Tag zum Pegnitz-Fluß geführt, dort den Fässern die Böden eingeschlagen und das Bier in den Fluß geschüttet«.

War das Bier zwar schlecht, aber zur Not noch trinkbar, so hatten die Nürnberger eine andere Strafe: Vor der Schenke zogen Stadtknechte auf und sorgten dafür, dass der Brauer oder Wirt sein Bier billiger verkaufte - oft um die Hälfte des eigentlichen Preises. Die Stadtknechte blieben, bis alles Bier ausgeschenkt war. Während dieser Zeit mussten sie vom Brauer oder Wirt bezahlt werden. Das kam so teuer, dass viele Wirte ihr schlechtes Bier lieber zum Schleuderpreis abgaben, es verschenkten oder gleich wegschütteten.

Der Zweck jedenfalls war erreicht: Die Nürnberger hatten gutes Bier.

In Regensburg ging man härter vor. Allerdings gab es da Zeiten, in denen so schlimmes Bier gebraut wurde, dass »der arme Mit- und Nebenchrist in großen Schaden und zeitliches Verderben gebracht wurde«. Der Senat der Stadt ging so weit, das »pierholn in solchen schencken bey straff von vier gulden« grundsätzlich zu verbieten.

Die allerschlimmste Strafe war freilich, als der Regensburger Senat (nach dem Beispiel der Sage von Burg Stockenfels) beschloss, in Fällen von ganz fürchterlichem Bier »den pierbrauern und pierschencken ihr eigenes elendes Pier selber zu trincken« zu geben.

Die Verordnungen und stetigen Kontrollen in diesen Städten brachten dort tatsächlich zunehmend besseres Bier. Dieser Erfolg führte zu einem höchst bemerkenswerten Tag in der Biergeschichte: dem 23. April 1516.

Es war der bayerische Landstädtetag in Ingolstadt, bei dem Landadel und Ritterschaft zusammentrafen. Da wurde ein bedeutendes Gesetz erlassen, ein »Reinheitsgebot« für alle bayerischen Brauer.

Man schreibt diese älteste lebensmittelrechtliche Verordnung, die bis zum heutigen Tag gilt, meist dem Herzog Wilhelm IV. zu und feiert ihn entsprechend. Aber das ist nicht ganz korrekt. Zu jener Zeit regierten zwei Brüder gleichberechtigt in Bayern: Wilhelm IV. und Ludwig X. Beide setzten sich für dieses Braugesetz ein, das heute das berühmteste in Deutschland ist. Das Reinheitsgebot - »Wie das pier summer un winter auf dem Land sol geschenckt und prauen werden« - folgte ganz einfach der längst bewährten Münchner Regelung: Nur Gerstenmalz, Hopfen und Wasser sind erlaubt.

Bis dahin waren die norddeutschen Brauer mit ihren Bierqualitäten unerreicht. Nun änderte sich das: Bayern holte auf, und zwar schnell. Das war nun wieder ein Vorteil des süddeutschen Bier- und Braurechts. Im Norden galt Bier während des Mittelalters als »bürgerliche Nahrung« und unterstand dem bürgerlichen Recht - einem Recht, das die Bürger der Städte erfolgreich gegen den Adel und die Geistlichkeit vertraten. Verordnungen, die das Bier betrafen, waren in erster Linie Sache der Stadtverwaltungen oder der Zünfte.

In Süddeutschland nahmen die Landesherren direkten Einfluss auf alle Verordnungen, die mit dem Bier zusammenhingen. Beim Reinheitsgebot wirkte sich das sehr positiv aus: Es galt auf einen Schlag in ganz Bayern.

Die nächste interessante Brauordnung wurde 1551 in München erlassen. Sie betonte noch einmal, was die Brauer verwenden sollten - und wie: »Gerst, guetten hopffen ...wasser ...und hepffen, einen rechten sutt und kielung geben, auch die untergier geben.«

Das Dokument ist deshalb so interessant, weil hier erstmals auch von der »Hepffen« gesprochen wird, von der Hefe. Und im Zusammenhang damit von der »Untergier«, der Untergärung. Inzwischen hatten die Brauer also erkannt, dass Bier nicht zufällig in Gärung gerät, sondern wie man diesen Prozess durch Hefe künstlich hervorruft. Außerdem war ihnen schon klar, dass es verschiedene Hefen gibt. Das erst machte es ihnen möglich, obergäriges und untergäriges Bier nach Wunsch herzustellen. Untergäriges wurde nun immer beliebter. Vor allem, weil es sich besser und länger lagern ließ.

Der Augsburger Stadtrat ging so weit, die obergärige Brauweise sogar als »betrügliches Sieden« zu verdammen. Er drohte, wer nicht untergärig braue, dem werde man das Bier ausschütten und ihm für vier Wochen das Handwerk legen.

>> Das Reinheitsgebot - Teil IV

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